Richtig abstillen
Du bist seit kurzem Mutter oder wirst bald Mutter und fragst dich jetzt schon: Wie soll ich mein Kind abstillen? Kann ich da Fehler machen? Kann mir bitte jemand eine einfache Step-by-Step-Anleitung geben? Keine Sorge, dieser Artikel ist dann genau richtig für dich! Zuerst schauen wir uns an, WANN man abstillen sollte, danach WIE das Abstillen konkret ablaufen soll und als letztes behandeln wir die Beikosteinführung. Dein Baby an Essen zu gewöhnen, ist nämlich ein wichtiger Teil des Abstillprozesses. Wir geben dir Tipps und Tricks und zeigen dir, worauf du achten solltest.
Gibt es einen richtigen Zeitpunkt zum Abstillen?
Abstillen ist der Vorgang, mit dem du aufhörst dein Baby zu stillen, ihm also Muttermilch zu geben. Zuerst wollen wir uns der Frage widmen, wann du abstillen sollst. Das ist vielen Frauen nicht ganz klar. In der Realität stillen Frauen in Industriestaaten weniger lange als in anderen Ländern. Auf diese Diskrepanz zwischen offiziellen Empfehlungen zur Stilldauer und der Realität wollen wir auch eingehen. Falls du dich für die konkreten Schritte beim Abstillen interessierst, scrolle weiter runter! 😉
Wann soll ich abstillen?
Beschäftigen wir uns zuerst mit der Frage, die sich viele Frauen als erstes stellen: Wann genau soll ich abstillen? Gibt es überhaupt einen richtigen und einen falschen Zeitpunkt?
Wir haben dir Ansätze einiger Organisationen zusammengetragen, um diese Frage zu beantworten. Du wirst sehen: sie ähneln sich.
Das sagt die WHO
2001 hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Stillempfehlung veröffentlicht. Diese gilt bis heute noch und wird in vielen Ländern weltweit als Stillempfehlung herangezogen.
In dieser rät die WHO eindringlich Kinder zu stillen, bis sie zwei Jahre alt sind. Dabei soll das Baby die ersten sechs Monate ausschließlich durch Muttermilch ernährt werden. Rund um den 7. Monat, soll man Beikost zusätzlich zur Muttermilch einführen. Den Prozess des Abstillens sehen sie im optimalen Fall ab dem 3. Lebensjahr.
Derzeit werden 44% der 0-6 Monate alten Babys weltweit ausschließlich gestillt.
Das sagt die Nationale Stillkommission in Deutschland
Die Nationale Stillkommission in Deutschland legt sich nicht fest, wann endgültig abgestillt werden sollte. Dies begründet sie mit einer unzureichenden wissenschaftlichen Datenlage. Wann abgestillt wird, sollen Mutter und Kind individuell entscheiden.
Die Nationale Stillkommission unterstützt allerdings die Empfehlungen der Europäischen Lebensmittelbehörde (EFSA) diesbezüglich. Diese lauten, gesunde Babys bis zum 6. Lebensmonat ausschließlich mit Muttermilch zu ernähren. Beikost soll dem Kind zwischen dem 5. und 7. Lebensmonat zusätzlich zum Stillen gegeben werden.
Das sagt die Initiative des Bundesministeriums für Soziales in Österreich
Hier sprechen wir von der Initiative "Richtig essen von Anfang an!" (REVAN). Diese hält sich an den Empfehlungen der WHO und empfiehlt bis zum 2. Lebensjahr und darüber hinaus zu stillen.
*REVAN ist eine Kooperation zwischen der Österreichischen Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH, dem Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und dem Dachverband der österreichischen Sozialversicherungen.
Das sagt die Amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP)
Die Amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) ist da etwas “nachsichtiger”. Sie rät mindestens bis zum ersten Geburtstag zu stillen. Dabei soll man die ersten sechs Monate ausschließlich stillen und danach Schritt für Schritt Beikost als Zusatz zur Muttermilch einführen.
Diese Empfehlungen gelten auch für Mütter, die an HIV erkrankt sind. Mit antiretroviralen Medikamenten können Mütter heutzutage Babys stillen, ohne dass HIV übertragen wird.
Grundsätzlich kannst du so lange stillen, wie du möchtest und kannst. Manche Mütter stillen ihre Kinder bis zum 4. Lebensjahr oder darüber hinaus. Viele können aus den verschiedensten Gründen gar nicht “so lange” stillen. Die Hauptsache ist, dass du und dein Baby euch wohlfühlt. An dieser Stelle weisen wir dich darauf hin: Wenn du Schwierigkeiten haben solltest, wende dich unbedingt an eine/n Frauenarzt/ärztin oder eine Stillberater/in.
Wenn die Realität anders aussieht
Angesichts der Realität vieler Mütter in Industriestaaten scheinen 2 Jahre wohl doch ein langer Zeitraum zu sein. In Deutschland lebende Mütter stillen zum Beispiel durchschnittlich 8 Monate (Brettschneider et al., 2018). 16% der Babys werden dort länger als 12 Monate gestillt. In Neuseeland und Irland werden laut der Plattform yamo rund die Hälfte der Babys gar nicht gestillt. In Serbien werden zwar 92% der Babys anfangs gestillt, zur 6-Monats-Marke schaffen es allerdings nur 12%. In Österreich fangen auch 93% der Mütter an zu stillen, bis zum 6. Monat sind es aber nur noch 10%. Länger stillen eher Mütter in einigen südamerikanischen, asiatischen und afrikanischen Ländern.
Gründe für die niedrige Stillrate in Europa gibt es unterschiedliche - der Wiedereinstieg in den Beruf, Erkrankungen, Stress, wenig Unterstützung im Umfeld und viele mehr. Lass dich bitte durch diesen Artikel nicht unter Druck setzen, wenn du nicht länger stillen kannst oder willst. Vielen Frauen geht es so wie dir.
Es ist nur interessant, dass Stillen in Europa oft mit anderen Themen besetzt wird, als in anderen Ländern. Demnach wird in Frankreich beispielsweise diskutiert, ob die Rückbesinnung von Müttern zum Stillen die Frauenbewegung zurückwirft. In Ruanda (in Ostafrika) hingegen, wird jeder stillenden Mutter gesetzlich eine Stunde Pause garantiert. In den Philippinen gibt es einen “Milchkodex”, der vorschreibt, Kinder bis zum dritten Lebensjahr die Brust zu geben. Außerdem dürfen Milchersatzprodukte dort nicht beworben werden.
Wieso “so lange” stillen?
Grundsätzlich sind die ersten 2 Lebensjahre deines Kindes für seine Entwicklung entscheidend. Muttermilch boostet mit ihrer hohen Anzahl an Antikörpern das Immunsystem deines Babys. So schützt sie dein Baby vor Infektionen und unterstützt eine gute neuromotorische Entwicklung. Außerdem sollen gestillte Kinder weniger von Übergewicht und Adipositas betroffen sein und auch später in ihrem Leben seltener an Diabetes, Herzkreislauferkrankungen und Krebsleiden erkranken. Stillen reduziert auch das Risiko für plötzlichen Kindstod. Durch die Prävention vieler potenzieller Krankheiten sieht die WHO auch einen ökonomischen Vorteil für Familien und für Staaten auf nationaler Ebene, da die Kosten für Gesundheitsbehandlungen geringer ausfallen.
Wozu nach 6 Monaten Beikost?
Nach rund 6 Monaten (je nach der Entwicklung deines Babys kann der Zeitpunkt auch nach 5 Monaten oder erst nach 7 eintreten) braucht ein Baby mehr folgender Nährstoffe:
Eisen, Zink, Vitamin B und D
Diese sind nicht ausreichend in der Muttermilch vorhanden. Laut WHO kann Muttermilch die Hälfte oder mehr der Kalorienzufuhr eines 6-12- monatigen Kindes abdecken und ein Drittel des Kalorienverbrauchs eines Ein - bis Zweijährigen.
Wie soll ich abstillen?
Unabhängig davon, WANN du dein Kind abstillst, solltest du nicht abrupt mit dem Stillen aufhören. Gehe es Schritt für Schritt an.
Wie stille ich vor dem 6. Monat ab?
Wenn du vor dem 6. Monat noch abstillen musst/möchtest, empfehlen wir dir, zuerst deinem Baby einmal am Tag eine Flasche Säuglingsnahrung statt Muttermilch zu geben.
Da du deine Brüste nun weniger entleerst, wird sich dein Körper darauf einstellen, weniger Milch zu produzieren. Deine Milchdrüsen werden sich Schritt für Schritt zurückbilden. Im Laufe dieses Prozesses werden sich deine Brüste schwerer und empfindlicher anfühlen. Wenn du das Gefühl hast, deine Brüste sind zu prall und es wird dir zu unangenehm, dann pumpe ein kleines bisschen Milch ab. Wirklich nur sehr wenig, damit du die Spannung minderst. Ansonsten könnte dein Körper das Abpumpen mit einer Stillmahlzeit - also mit mehr Milchbedarf - verwechseln. Lies dazu unseren Artikel Wie Milchbildung anregen.
Sobald deine Brüste sich an die neue benötigte Milchmenge gewöhnt haben, kannst du täglich eine weitere Stillmahlzeit durch Säuglingsnahrung ersetzen. Das wiederholst du so lange, bis du nicht mehr stillst und dein Baby vollständig abgestillt ist.
Wie stille ich nach dem 6. Monat ab?
Gib deinem Baby nach ungefähr 6 Monaten neben der Muttermilch auch feste Nahrung. Du wirst sehen, dass dein Baby durch die Beikost gesättigt wird und weniger Bedarf an Muttermilch hat.
Falls du “schneller” abstillen möchtest, lass täglich eine Stillmahlzeit weg und gib deinem Baby Säuglingsnahrung (wenn es jünger als 12 Monate ist).
Beachte dabei, dass jedes Kind individuell ist. Manche Kinder essen zuerst nur wenig Beikost, bei anderen könnten die Mütter wiederum eine Unverträglichkeit gewisser Lebensmittel oder eine Schwierigkeit in der Verdauung bemerken. Lass dich grundsätzlich auch beim Abstillen immer von einem/r Stillberater/in oder einem/r Frauenarzt/ärztin begleiten.
Natürlicher Abstillprozess
Der natürliche Abstillprozess wird von deinem Kleinkind “geführt”. Es entscheidet also selbst, wann es mit dem Stillen aufhören möchte. Die La Leche Liga, eine NGO, die die UNO und die WHO bei Stillfragen berät und in über 80 Ländern Stillberatung anbietet, empfiehlt dazu, während des Abstillprozesses dem Kind die Brust nicht mehr aktiv anzubieten, sie aber auch nicht zu verweigern. Über mehrere Monate werden die Stillmahlzeiten voraussichtlich kürzer und seltener.
Die Abstillzeit dauert länger und dein Körper kann sich gut an die Veränderung anpassen. Emotional schwer wird das Abstillen hier trotzdem.
Beachte, dass auch hier gilt: Jedes Baby ist anders. Beim natürlichen Abstillen kann dein Kind bereits nach 2 Jahren (oder früher) das Interesse am Stillen verlieren, es kann aber auch bis zum 4. Lebensjahr oder länger ab und zu an der Brust trinken wollen.
Was passiert, wenn ich plötzlich abstille?
Wenn du von einem Tag auf den anderen aufhörst zu stillen, kann bei dir eine Brustdrüsenschwellung entstehen, deine Milchkanäle können blockieren oder du kannst eine Mastitis (Entzündung des Brustdrüsengewebes) entwickeln. Diese ist sehr, sehr schmerzhaft. Außerdem kann sich diese plötzliche Änderung auch negativ auf das Verdauungs- und Immunsystems deines Babys auswirken.
Tipps und Tricks für eine schöne Abstillerfahrung
Das Abstillen oder auch schon die Einführung der Beikost stellen viele Änderungen dar, an die sich dein Kind erst gewöhnen muss. Leichter fällt es ihm, wenn du die Stillmahlzeiten mit anderen Ritualen der Näheschaffung ersetzt. Biete zum Beispiel ein Getränk und einen Snack an, den ihr zusammen essen könnt. Vielleicht auch dabei etwas Kuschelzeit mit dir oder deiner/m Partner/in einplanen. Ein Tipp ist auch, das Essen mit dem Lieblingsspiel deines Kindes zu verbinden.
Sei kreativ und überleg dir, wie du deinem Kind die Veränderung angenehm gestalten kannst. Vergiss auch nicht, geduldig zu sein. Mit dir und deinem Baby !
Beikost - deinem Baby die Welt des Essens offenbaren
Dein Baby soll zum ersten Mal feste Nahrung zu sich nehmen! Essen! Was gibt es denn, das der Durchschnittsmensch mehr liebt als Essen? Und dein Baby steht kurz davor, diese Liebe auch zu entdecken. Wie aufregend!
Grundsätzlich halten wir fest: Es gibt Kinder, die bereits im Alter von 5 Monaten von ihrer Entwicklung her soweit sind, um mit ihrer ersten Beikost zu starten. Andere Babys brauchen bis zu 9 Monate. Durchschnittlich sind Kinder um das 6. Lebensmonat herum “beikostreif”.
Wie oft soll ich meinem Baby Beikost geben?
Wenn dein Baby rund 6 Monate alt ist, kannst du anfangen ihm kleine Portionen Essen zu geben. Lass dich dafür bitte unbedingt von einer Person des Faches beraten!
Grundsätzlich gilt, ab 6 Monaten kannst du 2-3 mal Beikost pro Tag geben. Bei 9-23-monatigen Kindern kannst du die Beikost auf 3-4 mal am Tag erhöhen. Zusätzlich kannst du deinem Kind auch 1-2 mal am Tag Snacks geben.
Wie soll ich meinem Baby Beikost geben?
Wir raten dir zuerst zu stillen und direkt danach deinem Kind die Beikost zu verabreichen. Zumindest in der Gewöhnungsphase. Nach der Stillmahlzeit ist es leichter für dein Kind, Essen zu üben und neue Lebensmittel auszuprobieren. Denn dann ist es nicht zu hungrig. Zur Vermeidung von allergischen Reaktionen ist es wichtig, parallel zur Einführung von Beikost weiter zu stillen. So kann dein Baby neue Nahrung kennenlernen und wird gleichzeitig von den Immunstoffen der Muttermilch geschützt. Mit der Zeit kannst du eine Stillmahlzeiten komplett mit Beikost ersetzen.
Welche Lebensmittel eignen sich (nicht) als Beikost?
Dazu geben wir hier mal einen groben Überblick mittels einer Tabelle:
Die in der Tabelle unter “Beikost NO-GOs” angeführten Lebensmittel solltest du deinem Kind auf keinen Fall geben. Die Lebensmittel in der Spalte “Beikost PROs” eignen sich hingegen sehr gut!
Dazu lässt sich noch hinzufügen: Als Gemüse am Anfang eignen sich besonders: Karfiol, Brokkoli, Karotten, Erbsen, Kartoffeln, Kürbis, Zucchini, Fenchel, Pastinaken und Obst, wie z. B. Bananen. Spinat hat viel Oxalsäure und ist daher eher nicht zu empfehlen. Wenn du deinem Baby Getreide gibst, dann bitte nur gekocht oder gebacken. Ansonsten wird sich dein Baby schwer tun, es zu verdauen.
Die Europäische Lebensmittelbehörde hat anhand von vorhandener Studien einige Empfehlungen zur Beikost ausgesprochen. Neben dem bereits im Artikel erwähnten, empfehlen sie auch, mit der Fütterung von glutenhaltiger Beikost möglichst bald zu beginnen, solange noch gestillt wird, aber nicht früher als zu Beginn des 7. Monats.
Für die Eisenvorräte
Ab dem 9. Monat erhöht sich der Eisenbedarf deines Kindes langsam. Deshalb braucht es umso mehr eisenhaltige Beikost. Falls du dich entschieden hast, dein Kind vegetarisch oder vegan zu ernähren, hol dir dafür bitte unbedingt eine zusätzliche Beratung ein, mit welchen Lebensmitteln du am besten den Eisenbedarf abdecken kannst. Als Beispiel eignen sich eisenreiche Getreidesorten wie Hirse, Amaranth und Haferflocken in Kombination mit Vitamin C-reichem Obst. Fleisch und Fisch können Kinder schon früh zu sich nehmen. Achte beim Fisch darauf, dass alle Gräten sorgfältig entfernt werden.
FAQs - Häufig gestellte Fragen zu diesem Thema
Wann soll ich abstillen? Wie lange soll ich mein Kind stillen?
Die WHO empfiehlt ein Kind bis zum vollendeten zweiten Lebensjahr zu stillen. Dabei soll dein Baby die ersten 6 Monate ausschließlich von Muttermilch ernährt werden, danach soll Beikost eingeführt werden. Grundsätzlich gilt aber: Stille so lange, wie du willst und kannst. Im Artikel erklären wir dir, wie du am besten vor dem 6. Monat abstillst, wie du nach dem 6. Monat abstillst und auch den Ansatz des natürlichen Abstillprozesses.
Wie soll ich abstillen?
Gehe den Vorgang des Abstillens Schritt für Schritt an. Wenn du vor dem 6. Lebensmonat deines Babys mit dem Stillen aufhören möchtest, beginne damit, einmal pro Tag eine Stillmahlzeit mit Säuglingsnahrung zu ersetzen. Ersetze mit der Zeit mehr Stillmahlzeiten, wenn du merkst, dass sich deine Brüste auf die reduzierte benötigte Milchmenge eingestellt haben. Wenn dein Kind bereits älter ist als sechs Monate, beginne deinem Kind direkt nach dem Stillen Beikost zu geben. Mit der Zeit kannst du auch da eine Stillmahlzeit pro Tag mit Beikost ersetzen. Dies machst du, bis alle Stillmahlzeiten mit Beikost ersetzt sind. Hol dir dafür fachliche Beratung!
Welche Lebensmittel eignen sich als Beikost?
Obst, Gemüse, Getreide, Fleisch, hochwertige Fette und Öle.